Erstes Gespräch


Weshalb sollte man sich deine Bilder anschauen?

Warum sollte man überhaupt Bilder anschauen? Kurz gesagt, Bilder tun etwas mit dem Menschen und der Mensch tut etwas mit den Bildern.


Was tut der Betrachter mit dem Bild?

Wenn Bilder lange im Keller oder im Magazin lagern tut ihnen das nicht gut. Andererseits ist das andere Extrem, wenn sie nur digital fotografiert werden, also ich selber schaue gar nicht mehr, ich lasse meinen Fotoapparat "schauen" und sehe es dann auf dem Schirm, so wie das Millionen Touristen überall machen, das nimmt den Bildern oder auch den heiligen Plätzen, wie Kirchen o.ä. ihre Kraft.

Wenn Bilder auf einer Austellung mit liebevollem oder staunendem Interesse angeschaut werden, das tut ihnen gut, noch besser ist es natürlich, wenn jemand ein Bild in sein Leben miteinbezieht, da findet dann ein wirkliches Geben und Nehmen, hin wie her, statt.


Und was tut das Bild mit dem Betrachter?

Da kann man ganz unterschiedliches erleben: Vor vielen Jahren habe ich beobachtet, wie Menschen wie ganz entblößt vor großen Werken stehen, damals waren es Bilder von Jawlensky.


Wie meinst du das?

Sie werden ihrer Fassade beraubt und zeigen sich ganz, so wie auch ein Mensch auf der Bühne oder vor dem Altar sich auch nicht verbergen kann: nackt. Ein wirkliches Kunstwerk ist wie eine Waage, wo gewogen und gegebenenfalls zu leicht befunden wird.


Du meinst auch die innere Haltung des Betrachters?

Ja, auch die.


Was wäre denn eine innere Haltung, die bestehen würde?

Das wichtigste ist die Unbefangenheit, wie ein gesundes Kind unbefangen, staunend einen Schmetterling anschaut. Ein Erwachsener kommt dagegen oftmals fix zum Begriff "Schmetterling" und dann ist er eigentlich schon fertig. Höchsten kommen dann noch ein paar feste Vorstellungen und eine Meinung dazu: Schmetterlinge finde ich toll.

Unbefangenheit heißt all mein Wissen, meine Vorstellungen, Meinungen etc. hinter mich zu werfen und wie zum ersten Mal den Schmetterling anschauen. Dann kann er mein Lehrer werden.


Und weshalb sollte man Bilder von dir anschauen?

Es sind nicht Bilder von mir, sondern eher durch mich. Genau wie der Betrachter muss ich alles hinter mich werfen dazu noch jedwede Vorstellungen, Absichten, Können, etc. Ich muss Organ werden für Kräfte, die durch mich sprechen wollen. Für manche Menschen erstaunlich werfe ich auch meine Gefühle hinter mich, ich bin nicht meine Gefühle.
Ich - helfe nur leise nach.


Fordert das einen irgendwie geschulten Betrachter?

Zunächst einmal nicht. Aber vielleicht kann es eine Entdeckungsreise werden, wenn der Betrachter Ballast abwirft.



Zweites Gespräch


Beim letzten Mal haben wir besprochen, dass ein Kunstwerk, ein Bild, mit dem Menschen etwas tut und der Betrachter etwas mit dem Bild tut.
Was tust du damit ein Bild entsteht?


Ich erforsche Schöpfung, so habe ich seit vielen Jahren Blätterunterricht. Unendliches lehren sie vom Geheimnis des Flüssigen, des Flüssigen mit dem Luftigen, mit dem Feurigen, mit dem Festen. Keine zwei Blätter sind gleich, sagen wir an einer großen Birke, das ist Variationskraft!!! Stell dir vor jeden Tag variierend: Guten Morgen zu sagen, oder die Haare zu bürsten. Da kann man schon spüren, wo man steht: Im Bereich des Flüssigen, Formenden, Wechselnden, wie bei den Wolken zum Beispiel oder ist man schon ganz durchgeformt, fest, routiniert. Immer geht es vom Flüssigen zum Festeren auch in der Embryologie.

Ich habe mit einer Kernforschung begonnen und bin zu meiner großen Überraschung den allerunterschiedlichsten Wärmequalitäten begegnet: Pflaumenkern, Olivenkern, Weintrauben, Mandelkerne, Melone, Weizen, Rose, Eiche, Wacholder... Da habe ich empfinden gelernt, dass es ebenso viele Wärmenuancierungen, Wärmedifferenzierungen gibt, wie es Farben gibt, da hatte ich bisher gar kein Bewusstsein entwickelt. Die größte Überraschung war, dass die Qualitäten sich an ein und demselben Kern über den Winter ändern, vor Weihnachten, nach Weihnachten und dass einige ab Mitte Januar unruhig werden, das hat mich total erstaunt.

Wenn bei zwanzig Bienenvölkern jede Biene ihr Volk findet, so orientiert sie sich an der unterschiedlichen Wärmequalität, nicht an Temperaturunterschieden, schön nicht?


Das ist alles sehr erstaunlich und darüber habe ich mir noch nie Gedanken gemacht. Machst du das nur für dich?

Nein in meinen Kursen und mit den Patienten üben wir das. Angesichts dieser Abwechslungskraft oder Änderungskraft, kommt etwas in Bewegung im Denken, im Fühlen, im Wollen. Ebenso vertiefen wir uns in die Kräfte der Metamorphose (Verwandlung) und die Kräfte der Inversion (Umstülpung). Im Wechseln, Wandeln, Wenden, kann man das Walten, den Urschöpfungsprozessen in der Welt und in mir und im Wechselspiel zwischen außen und innen begegnen.


Jetzt habe ich aber noch nicht verstanden, was das mit der Entstehung eines deiner Bilder zu tun hat?

Ja, also so und auf hunderterlei andere Art versuche ich mich zu öffnen und wahrnehmungsfähig zu werden, z.B. für den Unterschied von einem Tag zum nächsten.

So versuche ich den Boden zu bereiten, auf dem etwas Schöpferisches gedeihen kann. Oder man kann auch sagen ich bereite mich zu einer Art Resonanzboden durch den die verschiedensten Kräfte zum Ausdruck kommen können.


Ist das eigentlich ein Problem für dich, dass du erst relativ spät wieder gemalt hast?

Nein, ich habe zwar 21 Jahre lang nur selten gemalt und gezeichnet, wegen unserer fünf Kinder, aber ich war doch immer ein Künstler in Weiterentwicklung bei allem: Beziehungskunst, Erziehungskunst, Kochkunst, Gartenkunst, Alltagstkunst und Musik, ich habe immer gestaltet und ich habe mich ganz und gar verwandelt, weil ich soviel lernen durfte, ein wunderbarer Reifungsprozeß, der ja noch im vollen Gange ist.


Was ist dir dabei das Wichstigste gewesen bei dem Prozess?

Das Bedeutende ist, dass ich als Person als Ego mich nicht mehr so wichtig nehmen brauche, deshalb bin ich als Person und meine Gefühle, mein Wissen, oder meine Erfahrungen im künstlerischen Prozeß ganz ohne Belang.


Ist das soetwas, was man früher dem Werk dienen genannt hat?

Nein, auch das ist überflüssig, ich bin vielleicht am meisten überrascht was bei einem Bild herauskommt.